23 März, 2021
Als Eigentümer einer vermieteten Immobilie können Sie die Anschaffungskosten Ihrer Immobilie abschreiben, d.h. der Kaufpreis und die Anschaffungsnebenkosten werden verteilt über die Nutzungsdauer Ihrer Immobilie von den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abgezogen.
In der Fachsprache nennt man das „Absetzung für Abnutzung“, oder kurz: AfA. Abgeschrieben wird im Übrigen nur der Teil der Anschaffungskosten, die auf das Gebäude entfallen und nicht die anteiligen Anschaffungskosten für den Grund und Boden. Eigentlich logisch: der Grund und Boden wird in der Regel nicht weniger wert, er nutzt sich durch den Gebrauch nicht ab. Anders beim Gebäude, das durch die technische Abnutzung und sich ständig ändernde Anforderungen – sofern es nicht ständig modernisiert wird – weniger wert wird.
Nun kann das Finanzamt nicht für jede Immobilie separat überprüfen, wie deren Zustand ist und wie viele Jahre die Restnutzungsdauer jedes einzelnen Objekts beträgt. Der Gesetzgeber hat daher zur Vereinfachung eine sogenannte Typisierung vorgenommen. Demnach sieht § 7 Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) folgende Abschreibungszeiträume vor:
- für Gebäude, die ab dem 1.1.1925 fertiggestellt wurden:
50 Jahre, d.h. die Abschreibung beträgt 2,0% der Anschaffungskosten pro Jahr - für Gebäude, die bis zum 31.12.1924 fertiggestellt wurden:
40 Jahre, d.h. die jährliche Abschreibung beträgt 2,5% der Anschaffungskosten der Immobilie - und für gewerblich genutzte Objekte, die zu einem Betriebsvermögen gehören:
33 Jahre, also 3% Abschreibung pro Jahr.
Diese Nutzungsdauern sind nicht an das Objekt gebunden, sondern beginnen bei jedem Erwerb für den jeweiligen Käufer neu zu laufen.
Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Ein Mehrfamilienhaus, das 1960 fertiggestellt wurde, wird im Jahr 2022 verkauft. Im Jahr 2022 beginnt für den Erwerber der neue Abschreibungszeitraum von 50 Jahren. D.h. er kann bis 2071 jährlich 2,5% der auf das Gebäude entfallende Anschaffungskosten als Werbungskosten geltend machen und somit seine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mindern.
Es spielt hier keine Rolle, dass der steuerliche Abschreibungszeitraum schon längst abgelaufen wäre (Baujahr 1960 + 50 Jahre Nutzungsdauer, das Gebäude wäre 2010 vollständig abgeschrieben gewesen, wenn der erste Eigentümer es noch immer in seinem Besitz hätte).
Es spielt aber gar keine Rolle, wie oft das Objekt inzwischen verkauft wurde, denn die Abschreibungsfrist beginnt bei jedem Erwerber neu zu laufen!
Wie gesagt handelt es sich hier um eine typisierende Betrachtungsweise und in vielen Fällen wird dies auch praxisgerecht sein, denn es ist in der Praxis oft der Fall, dass ein Gebäude dieses Alters bereits ganz oder teilweise modernisiert wurde und sich die Nutzungsdauer so wieder verlängert hat.
Aber natürlich wird diese Betrachtungsweise nicht jedem Einzelfall gerecht! Daher ermöglicht es der Gesetzgeber jedem Vermieter den Nachweis zu erbringen, dass die Restnutzungsdauer seiner Immobilie kürzer ist als die standardmäßig angenommenen 50 (bzw. 40 oder 33) Jahre und somit durch eine höhere Abschreibung seine Steuerlast zu senken.
Was heißt das in Zahlen?
Nehmen wir an, Sie kaufen eine gebrauchte Eigentumswohnung (Bj. nach 1924) für 300.000 € (Anschaffungskosten, also Kaufpreis inkl. aller Kaufnebenkosten)
Hiervon sollen 80% auf den abnutzbaren Gebäudeteil entfallen, also 240.000 €
Die gesetzliche Abschreibung beträgt bei einer fiktiven Nutzungsdauer von 50 Jahren also 4.800 € pro Jahr.
Nehmen wir weiter an, das Gebäude in dem sich die ETW befindet, hätte eine Restnutzungsdauer von lediglich 30 Jahren, nachgewiesen bspw. durch ein Sachverständigengutachten von uns. Dann würde die Abschreibung 8.000 € betragen, also 3.200 € mehr pro Jahr.
Ihr Einkommen würde sich also um 3.200 € verringern und bei einem angenommenen Steuersatz von 45% wäre das eine jährliche Steuerersparnis von 1.440 €.
Kleine Anmerkung am Rande: die Kosten für unser Gutachten hätten sich in obigem Fall schon im ersten Jahr mehr als amortisiert. Und zusätzlich ist natürlich auch unser Honorar als Werbungskosten abzugsfähig ;-)
Wie lässt sich die Nutzungsdauer eines Gebäudes eigentlich bestimmen?
Der naheliegende Gedanke wäre, dass sich ein Gebäude bzw. die einzelnen Bauteile und Werkstoffe im Laufe der Zeit abnutzen, bis es nicht mehr nutzbar ist. Diese sogenannte technische Nutzungsdauer ist bei Gebäuden regelmäßig sehr lang. Man geht hier von 80 bis 100 Jahren aus.
In der Praxis werden Gebäude jedoch regelmäßig instandgehalten und instandgesetzt, bis hin zu sogenannten Kernsanierungen, die dann wieder einem Neubaustandard entsprechen können. Dadurch wird die Nutzungsdauer verlängert. Eigentlich müssten wir sagen, durch eine Kernsanierung wird eine neue Nutzungsperiode geschaffen. So sehen wir täglich Gebäude, die in Ihrer Substanz weit über 100 Jahre alt sind und noch immer genutzt werden.
Die Ermittlung der technischen Restnutzungsdauer erfolgt in der Praxis durch ein sogenanntes Bausubstanzgutachten.
Neben dieser rein technischen Betrachtung gibt es auch einen wirtschaftlichen Aspekt. Die Frage ist ja nicht nur, ob sich ein Gebäude durch Instandhaltungen weiterhin nutzen lässt, sondern ob dies auch wirtschaftlich sinnvoll ist. Die wirtschaftliche Restnutzungsdauer berücksichtigt die mögliche Nutzung eines Gebäudes bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und Erhaltung des Gebäudes. Mögliche künftige Modernisierungen werden hier nicht berücksichtigt.
Daher ist die wirtschaftliche Restnutzungsdauer idR. immer kürzer als die technische Restnutzungsdauer.
Abschließend gibt es noch die sogenannte rechtliche Restnutzungsdauer, wenn die Nutzung eines Gebäudes durch rechtliche Beschränkungen oder Auflagen zeitlich begrenzt ist. Ein Beispiel wäre, wenn eine Baugenehmigung nur zeitlich befristet erteilt wurde und das Gebäude nach Ablauf dieser Zeit wieder zurückgebaut werden muss. Diese Fälle kommen in der Praxis nur selten vor.
Wie funktioniert der Nachweis einer verkürzten Restnutzungsdauer gegenüber dem Finanzamt konkret?
Wie oben dargestellt, geht das Finanzamt zunächst immer von den gesetzlich normierten Restnutzungsdauern aus, also 50 Jahre bzw. 40 Jahre für Gebäude, die vor 1925 fertiggestellt wurden. Wenn Ihre Immobilie eine tatsächliche Restnutzungsdauer hat, die kürzer ist als diese gesetzliche Fiktion, müssen Sie dies dem Finanzamt nachweisen. Sie sind hier also in der Beweispflicht.
Den Nachweis können Sie durch ein entsprechendes Sachverständigengutachten erbringen. Der Bundesfinanzhof als oberstes deutsches Finanzgericht hat im Jahr 2021 nochmal klargestellt, welche Anforderungen an ein solches Gutachten zu stellen sind.
Und hier die gute Nachricht: Es ist kein Bausubstanzgutachten erforderlich, wie die Finanzämter dies in der Vergangenheit oft gefordert haben. Da die Restnutzungsdauer für die Zukunft ohnehin nur im Wege einer sachverständigen Schätzung erfolgen kann, dürfen für die Ermittlung die allgemein anerkannten Rechenmodelle, wie sie in der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) definiert sind, auch für den Nachweis der kürzeren RND angewendet werden.
Mit diesen Rechenmodellen ermitteln Immobiliengutachter die Restnutzungsdauer in der Regel im Zusammenhang mit der Verkehrswertermittlung einer Immobilie. Als Sachverständige sind wir also mit diesem Rechenmodell bestens vertraut.
Sie benötigen für den Nachweis aber kein vollständiges (teures) Verkehrswertgutachten, sondern können bei uns auch die reine Ermittlung der RND im Rahmen eines Gutachtens beauftragen.
Braucht es für die Ermittlung der Restnutzungsdauer einen Ortstermin?
Die Restnutzungsdauer Ihrer Immobilie wird, wie oben dargestellt, in einem standardisierten Rechenmodell ermittelt. Allerdings darf diese Methode nicht „blind“ auf jede Immobilie angewendet werden, sondern der Sachverständige muss immer im Einzelfall prüfen, ob die Berechnung zu einem sachgerechten Ergebnis kommt.
Aus diesem Grund ist ein Ortstermin, bei dem wir oder eine von uns beauftragte Person die Immobilie persönlich besichtigt, erforderlich. Nur mit einer persönlichen Besichtigung der Immobilie können wir die Qualität unserer Gutachten – und damit die Anerkennung durch die Finanzämter – sicherstellen.
Durch unser Netzwerk können wir Ortstermine deutschlandweit ohne weitere Kosten durchführen. Der Ortstermin findet durch unsere Partnerunternehmen in der Regel innerhalb von 10 Tagen nachdem Sie Ihr Gutachten bei uns beauftragt haben, statt.
Wie läuft die Erstellung Ihres Restnutzungsdauer-Gutachtens ab?
Nachdem Sie uns den Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens über die Restnutzungsdauer Ihrer Immobilie erteilt haben, bekommen Sie von uns einen Fragebogen per Link zugesendet, in dem Sie uns alle relevanten Angaben zu Ihrem Objekt übermitteln können. Zusätzlich bekommen Sie von uns einen Link, unter dem Sie uns alle Dokumente hochladen können, die wir für die Erstellung des Gutachtens benötigen. Eine Checkliste der erforderlichen Unterlagen finden Sie hier.
Sofern Sie einzelne Dokumente nicht zur Verfügung haben, können wir diese gerne für Sie gegen ein Honorar von 50,- € je Behördenanfrage zzgl. der Auslagen (Gebühren der Behörde) für Sie einholen.